Mit dem Hausboot auf den Broadwaters
in Queensland, Australien
Bei einem Besuch in Queensland wurden mein Mann und ich von seiner Schwester Uta und Schwager Graeme
eingeladen auf einem Hausboot die Broadwaters zwischen Brisbane und Surfers Paradise zu erleben.
Bepackt mit Proviant für eine Woche, Kleidung und vor allem Krabbenfallen und Angeln fuhren wir zur
Hope Island Harber Marina, um das gemietete Hausboot zu beladen.
Nachdem auch alle Formalitäten und Einweisungen erledigt waren, wurden wir von einem Lotsen aus dem Hafen
in die Broadwaters geleitet.
Während der Ausfahrt entdeckten wir eine im Gras liegende Känguruhfamilie, gut getarnt im Schatten eines
Baumes.
Der Lotse begleitete uns bis ins breitere Fahrwasser und ging dann von Bord.
Nun waren wir auf uns allein gestellt.
Graeme, unser Skipper, schipperte gemächlich Richtung Norden bis zum Tipplers-Resort auf South Stradbroke
Island.
Verschiedenartige Hausboote sowie kleine und große Jachten und rasante Jet-Ski-Fahrer kreuzten unser
Fahrwasser.
Kurz vor Dunkelheit, gegen 18.00 Uhr, legten wir den Anker aus und schalteten das Positionslicht ein.
Bald darauf erreichte uns eine Gewitterfront mit heftigen Regengüssen und Sturmböen.
Grell leuchtende Blitze erhellten den dunklen Himmel und ließen ein heftiges Grollen und Krachen folgen.
Unser Boot schaukelte ziemlich stark auf dem aufgewühlten Wasser, so dass wir es vorzogen, in unsere Kojen
zu verschwinden und zu schlafen.
In der Nacht wachte ich von einem heftigen schlagenden Geräusch auf.
Ich stand auf, ging nach achtern, um zu schauen, was da los war.
Unser Dingi, welches am Boot vertäut war, schlug bei jedem Wellengang gegen einen Bootssteg, der,
als wir vor Anker gingen, noch mindestens 50 Meter von uns entfernt war.
Der Anker unseres Hausbootes hatte sich durch den starken Wellengang vom Grund gelöst und der starke
Wind drückte unser Boot gegen die Küste und schliff den Anker über den morastigen Boden.
Graeme lichtete sofort den Anker, der mit Gerassel und Getöse mit der elektrischen Ankerwinde raufgeholt
wurde.
Er lenkte das Boot an den Rand der mit Leuchtbojen markierten Fahrrinne, setzte den Anker, und wir legten
uns wieder in die Kojen.
Am nächsten Morgen begrüßte uns der Tag mit spiegelglattem Wasser und rosa angehauchten Wolken,
als wäre nichts gewesen.
Die von Mangrovenwäldern gesäumten Broadwaters sind den Gezeitenströmen unterworfen, da die Flussmündungen
die von Mangroven bewachsenen Dünenbarrieren an verschiedenen Stellen durchstoßen.
Wir befanden uns gerade in der Mitte der auflaufenden Flut und manövrierten unser Boot ca. einen Kilometer
nach Norden.
Mit dem Dingi setzten wir über zur Anlegestelle von Tipplers Island Resort,
um in dem kleinen Gemischtwarenladen einige Beutel Eis für unsere Getränkeboxen zu kaufen, denn der
Kühlschrank faßte nur so viel, um unsere Lebensmittel zu kühlen.
Nachdem alles erledigt war, hatten wir Lust auf der anderen Seite des Mangrovenwaldes im Pazifik zu
schwimmen.
Wir marschierten also einem schmalen Naturpfad folgend ca. 15 Minuten quer über die bewachsene
Mangrovenhalbinsel, um zum Meer zu gelangen.
Das war keine gute Idee, denn auf unserem Weg wurden wir von unzähligen Moskitos überfallen.
Das war der reinste Horror.
Wir stürzten uns ins Meer, um unseren juckenden Körper zu kühlen und ihm Linderung zu verschaffen.
Anschließend machten wir noch einen kleinen Spaziergang am menschenleeren Strand.
In der Ferne erkannten wir im Dunstschleier die Skyline von Surfers Paradise.
In entgegen gesetzter Richtung sahen wir zwei winzige Gestalten am Strand, nicht ahnend, dass es sich
dabei um Uta und Graeme handelte.
Auch sie entschieden sich später zum Strand zu gehen.
Wir glaubten jedoch sie kämen auf dem gleichen Pfad.
Nachdem wir eine Weile gewartet hatten und auch die zwei Gestalten verschwunden waren, machten wir uns
wieder auf den Rückweg durch die Mangroven.
Unter den Moskitos musste es sich herumgesprochen haben, dass dort fette Beute durch ihr Revier stapfte.
In gefühlter hundertfacher Verstärkung stürzten sie sich auf uns.
Die hatten sicher eine lange Fastenzeit hinter sich, so ausgehungert schienen sie.
Völlig zerstochen erreichten wir das Ufer der Broadwaters.
Auf dem Weg zu unserem Dingi stand plötzlich ein Wallaby (kleines Känguruh) vor uns und ließ sich
fotografieren, bevor es gemächlich davon hoppelte.
Von Uta und Graeme keine Spur.
So warteten wir auf sie beim Dingi und plötzlich kam Uta mit Zweigen um sich schlagend aus dem Busch.
Graeme hat der Moskitoüberfall weniger ausgemacht.
Wir haben dann erstmal unsere gequälten Körper in das kühle Nass der Broadwaters getaucht, um den Juckreiz
zu lindern.
Die nächste Etappe führte uns durch die Wasserstraße „Walleys Gutter“, die wiederum in den
„Tiger Mullet Channel“ mündete.
Wir bogen nach Westen ab und ankerten in Ufernähe des Kangaroo Islands, benannt nach den dort lebenden
Känguruhs.
Es ließ sich jedoch keines blicken.
Dafür entdeckten wir einen Seeadler in einer Baumkrone, der im strömenden Regen sein Gefieder spreizte.
Am nächsten Morgen hatte der Regen zwar nachgelassen, jedoch der Himmel war grau verhangen.
Was macht man an so einem grauen Tag?
Weiterschippern, den Tiger Mullet Channel hinauf in den Main Channel nach Jakobs Well,
einem kleinen verträumten Örtchen in der Moreton Bay.
In dem einzigen kleinen Pub stärkten wir uns und besorgten in einem Tante-Emma-Laden noch ein wenig
Proviant.
Und weiter ging es Richtung Norden in die kaum befahrene schmale Wasserstraße Fishermans Channel.
Hier wollten wir unsere Krabben-Fangkörbe auslegen.
Der Kanal hat hier jedoch viele Untiefen.
Unser Skipper geriet in zu seichtes Gewässer und versuchte, das behäbige Hausboot im Rückwärtsgang in
tieferes Gewässer zu manövrieren.
Leider machte ihm das ablaufende Wasser (Ebbe) einen Strich durch die Rechnung.
Das Boot saß plötzlich auf einer Sandbank auf.
Er ließ den Anker runter und wartete bis zum Ende des Niedrigwassers gegen 18.00 Uhr und weitere vier
Stunden, um wieder genügend Wasser unter dem Kielen zu haben.
Das war die Gelegenheit, die vier Krabbenfallen mit Ködern zu bestücken, sie ins Dingi zu packen und
bis in die Nähe der Mangroven zu fahren.
Dort ließen ich die Fallen in einem großen Abstand hinab.
Bei der Rückfahrt zum Hausboot konnte der Außenbordmotor nicht mehr eingesetzt werden und Graeme musste
rudern.
Das war sehr anstrengend, da er gegen die ablaufende Strömung ankämpfen musste.
Nach zwei Stunden war der niedrigste Wasserstand erreicht und der Anker lag auf der Sandbank vor uns frei.
Es war schon abenteuerlich, sich für Stunden auf einem in Schräglage befindenden Boot zu bewegen mit nur
zehn Zentimetern Wasser zwischen den zwei auf der Sandbank liegenden Kielen.
Gegen 22.00 Uhr, mit nun wieder genügend Wasser unter dem Kiel, hielten wir im Strahl einer starken Lampe,
auf ein Wasserstraßenzeichen zu.
Hier lagen wir wieder im sicheren Fahrwasser, gingen vor Anker und legten uns zur Ruhe.
Der nächste Morgen begrüßte uns mit Sonnenschein und malte silberne Wellen ins Wasser.
Wir waren sehr gespannt, ob sich einige Krabben in unsere Körbe verirrt hatten, und hielten mit dem
Fernglas erstmal Ausschau nach den Schwimmern an unseren Fangkörben.
Drei von ihnen ragten zur Hälfte aus dem Wasser, da der Wasserstand wieder sank.
Auf einem Korb saß ein Falke.
Entweder war er scharf auf den Köder oder auf eine darin sitzende Krabbe.
Wir entschlossen uns, noch etwas zu warten und die Körbe erst gegen 11.00 Uhr einzuholen.
Mit Enterhaken bewaffnet tuckerten wir dann mit dem Beiboot zum ersten treibenden „Schwimmer“.
Mit dem Enterhaken zog ich an der Schnur den Schwimmer zu mir her, dann zog ich langsam den Korb hoch,
indem sich zwei Mudcrabs befanden.
Eine war leider zu klein und wir ließen sie wieder frei.
Es dürfen nur männliche Krabben mit einer bestimmten Größe gefangen werden.
Im nächsten Korb befanden sich 6 Krabben, von denen wir vier wieder entlassen mussten.
Mit Spannung zogen wir den dritten Korb hoch, auf dem der Falke gesessen hatte, und siehe da:----- leer.
Nur der Köder war fast aufgefressen.
Diese Krabben hatten den Weg nach draußen wieder gefunden.
Nun waren wir gespannt auf den vierten Korb.
Welche Enttäuschung: Es befand sich nur eine kleine Krabbe darin, der wir wieder die Freiheit schenkten.
Mit unserer Ausbeute von je ca. 20 cm Durchmesser ruderten wir zurück zum Hausboot, denn uns ist
inzwischen der Treibstoff für den Außenbordmotor ausgegangen.
Mit Genuß wurden die zuvor gekochten und uns von Mutter Natur geschenkten Krabben verspeist.
Danach ging es über den Main Channel in südlicheres Gewässer, passierten Tabby Tabby Island sowie
Kangoroo Island.
Diesmal wurde in der Nähe des Southport Yacht Club, in der Tipplers Passage, geankert.
Hier versuchten wir es mit dem Angeln, hatten jedoch keinen Erfolg.
So entschlossen wir uns, ein wenig zu schwimmen, obwohl es in den Broadwaters Haie geben soll,
jedoch sehr viel weiter im Norden.
Einige zutrauliche Enten leisteten uns Gesellschaft sowie Möven und Pelikane.
Ein lautes Motorengeräusch erweckte unsere Aufmerksamkeit.
Eine Hochzeitsgesellschaft auf einem riesigen Katamaran passierte uns, legte am Steg des Resorts
„An Island Hideaway“ an und feierte bis in die Nacht.
Bei den Klängen der Musik und dem sanften Schaukeln unseres Bootes fielen wir in einen erholsamen Schlaf.
Unser letzter Tag führte uns in den südlichsten Teil der Broadwaters Richtung Surfers Paradise.
Wir verließen unseren lebhaften Ankerplatz in der Tipplers Passage und tuckerten gemächlich durch die
Wasserstraße, passierten die Flussmündung des Pimpana River, an dessen Ufer auf einer Anhöhe die Villa
des australischen Motorrad-Rennfahrers Michael Doohan thront.
Steuerbord ließen wir Coomera Island und die Mündung des Coomera River liegen und passierten Sovereign
Island, wo die Reichen und „Schönen“ leben, mit einem 4WD vor der Tür und einer Jacht am Anlegesteg,
wenn sie nicht gerade damit unterwegs sind.
In der Ferne erkannten wir schon die Silhouette von Surfers Paradise.
Wir steuerten Backbord um Crab Island herum in eine andere Wasserstraße, um dort irgendwo vor Anker zu
gehen.
Es herrschte jedoch ein reges Treiben überall.
Jachten, Jet-Skies und Katamaransegler kreuzten unsere Bahn und verursachten einen starken Wellengang.
Die Australier lieben ihren Wassersport und afür arbeiten sie hart, um ihn sich leisten zu können.
Unser behäbiges Hausboot rollte und schlingerte so stark, dass sich die Kühlschranktür öffnete und uns
die Lebensmittel vor die Füße purzelten.
Nördlich von Roes Camp an Stradbroke Island gingen wir wieder vor Anker.
Hier wollten wir ein wenig dem Treiben zusehen und entspannen.
Daraus wurde jedoch nichts, denn durch den starken Bootsverkehr und den dadurch verursachten Wellengang,
wurde unser Boot furchtbar hin und her geschaukelt.
Das fanden wir nach einer Weile gar nicht mehr lustig.
Kurzerhand entschlossen wir uns diesen unruhigen Platz zu verlassen.
Etwas weiter nördlich fanden wir im Schutze der mit Mangroven bewachsenen Insel Brown Island ein ruhiges
Plätzchen.
Es lag gegenüber von Sovereign Island und der Mündung des Coomera Rivers, in die wir am nächsten Morgen
hineinfahren werden, zurück zum Hafen.
Hier genossen wir nun die schöne Lage und die Ruhe bei einem weiteren erfolglosen Angelversuch und einer
malerischen Abendstimmung.
Schon früh am Morgen schipperten wir in den Coomera River hinein, wo wir dann wieder von unserem Lotsen
abgeholt wurden, der unser Boot in den engen Hafen manövrierte.
Das war ein wahrlich unvergessliches Erlebnis.
Text & Fotos: Roswitha Banning